Artikel von Karl-Heinz Farni

Artikel von Karl-Heinz Farni aus Luckau

Die Senation im Alltäglichen

Manch einer sucht das Abenteuer, indem er in fremde Länder reist. Andere wechseln, um immer wieder Neues kennenzulernen, ständig Freundschaften und Beziehungen. Wieder andere suchen den „Thrill“ in Drogen. Ich bevorzuge die Suche nach der Sensation im Alltäglichen – und bin gerade wieder (natürlich durch puren Zufall) fündig geworden. Die traditionelle Radtour der Bewohner unseres Dorfes führte uns in diesem Jahr ins Grenzmuseum in Göhr. Ehrlich gesagt: auf die Radtour (und das anschließende Grillen bei Kaltgetränken!) hatte ich mich gefreut; auf die einstündige Führung durchs Museum eher nicht. „Grenzmuseum“ – was soll das sein? Aufgewärmter Kalter Krieg? Denkste! Selten eine so informative und unterhaltsame Stunde im Museum verbracht. Und nix mit aufgewärmtem Kalten Krieg. der Mann gibt ganz lapidar Informationen, die einen schaudern machen. Und er hat eine Heiterkeit, die nie den Ernst der Sache infrage stellt. Große Klasse. Danke dafür! Und auch für ein paar Informationen, die mir wirklich neu waren; etwa dieser: entscheidende teile der DDR-Grenze wurden im westen hergestellt. So dieser verzinkte, nie kaputtbare Zaun. Und auch die Betonpfeiler – sie kommen von einer Firma aus Uelzen – natürlich über Schweden verschifft, damit niemand was merkt. Ist das nicht ebenso interessant wie ekelig – ekelig von beiden Seiten? Oder noch etwas, das mir neu war, aber in die Tradition paßt, daß auch Gestapo-Leute gleich nach dem Krieg begehrt bei KGB und CIA waren. Ein dem Museumstreiber namentlich bekannter DDR-Grenzsoldat ging nach der Wende ins Zwischenlager Gorleben. Und auch das hat der Mann trefflich ausgedrückt: Früher habe er die DDR vor Eindringlingen aus dem Westen geschützt, jetzt sorge er dafür, daß uns niemand die Castoren klaut. Ehrlich: ein Museumsbesuch lohnt sich. Aber Eile ist geboten: Das Grenzmuseum macht nach dem 3. Oktober für dieses Jahr zu.